Das Internet revolutioniert unsere Art zu lernen
Wahrscheinlich kamen Sie über Google hierher. Sie haben wohl ein für gerade diesen Artikel relevantes Keyword in die Suchzeile eingegeben, dann sind Sie die Ergebnisse schätzungsweise bis Seite 2 durchgegangen und haben dabei alle auf den ersten Blick lesenswert erscheinenden Webseiten in einem neuen Tab geöffnet. Möglich ist auch, dass Sie über ein soziales Netzwerk oder eine andere Website hierhergelangt sind, die sich mit dem Thema E-Learning auseinandersetzt, über einen Link. Wie dem auch sei. Willkommen in unserem Blog und im Zeitalter der Vereinfachung, in dem die Entfernung zu Wissen in Mausklicken gemessen wird! Ganz so bequem sollten Sie es sich aber lieber nicht machen…
Die Kritik am Lernen im Internet
Der US-amerikanische Autor Nicholas Carr beschreibt in seinem Buch „What the Internet is Doing to our Brain“, dass er sich im Internet weniger als „Taucher“ fühlt als vielmehr wie ein „Surfer“, der nur über die Überschriften und Absätze gleitet. Der deutsche Psychiater Manfred Spitzer legt eine ordentliche Schippe drauf, indem er Online-Medien für die sogenannte „digitale Demenz“ verantwortlich macht.
Das Internet verändert unsere Art zu lernen. Wie McLuhan schon sagte: „The Medium is the Message.“ Und tatsächlich kann man dem Internet einiges vorwerfen. Es bedarf einer unruhigen Multitaskingfähigkeit, da oftmals mehrere Inhalte auf einmal auf dem Bildschirm sind. Man wird schnell abgelenkt. Und im Vergleich zu Buch- und Zeitschriftenverlagen, Radio- und TV-Sendern fehlt hier eine gewisse Gatekeeper-Funktion. Informationen gelangen unkontrolliert in das Web, wo man Empfänger:in und Sender:in ist.
Damit das Smartphone also nicht smarter wird als seine Nutzenden, ist Medienkompetenz gefragt. Nicht die Internet- und Webtechnologien an sich sind falsch, ihre Nutzung bedarf lediglich gewisser Anstrengungen. Diese auf sich zu nehmen, ist wichtig, denn um das Lernen mit Online-Medien kommen wir heute nicht herum. Aus vier Gründen.
Ein Leben lang
Wer sein Wissen oder seine Entscheidung mit einer auch nur ein paar Jahre zurückliegenden Quelle belegt, erhält nicht selten eine kritische Nachfrage seitens der Zuhörenden. Es reicht nicht mehr, sich auf dem Wissensstand von der Ausbildung oder dem Studium auszuruhen, mit dem Abschluss von vor X Jahren zu wedeln. Auch wenn bestimmte Basics bleiben, in nahezu jedem Bereich müssen Absolvent:innen bereits beim Eintritt ins Arbeitsleben wieder mit dem Lernen anfangen. Was Hänschen nicht lernt, lern Hans , so das heutige Motto. Ohne das Internet wären Mitarbeiterschulungen kaum vorstellbar.
Mit mehr Flexibilität
Um kontinuierlich lernen zu können, reichen die klassischen Bildungseinrichtungen nicht aus. Neue, flexible Weiterbildungsformen müssen her, die es Berufstätigen trotz zusätzlich aufzuwendender Lernzeit erlauben, sowohl ihren betrieblichen als auch familiären Verpflichtungen nachzukommen. Mobile Learning, der wahrscheinlich wichtigste E-Learning Trend der Gegenwart, vereinfacht den Zugang zu Bildungsprozessen. Denn mithilfe von Smartphones, Tablets und Notebooks kann zu jeder Zeit und an jedem Ort gelernt werden. Wartezeiten, die etwa durch das Pendeln entstehen, lassen sich sinnvoll überbrücken.
Über den eigenen Horizont hinaus
Der Witz, Wikipedia im Vorwort für die Hilfe zu danken, ist, wenn man ehrlich ist, nicht wirklich immer als Scherz gemeint. Doch gerade bei komplexen Fragen, die auch noch über den Tellerrand hinausgehen, sind einfache Antworten fehl am Platz – auch wenn im Unternehmen für langes Recherchieren und Einlesen die Zeit oftmals zu fehlen scheint. Das World Economic Forum, kommt in seiner Studie zu dem Schluss, das bereits im Jahr 2020 folgender Skill der wichtigste unter den Mitarbeiter:innen sein wird: Lösen komplexer Probleme. Und in nahezu sämtlichen Berufsgruppen ebenfalls weit oben: Kritisches Denken. Mit googeln statt denken ist dieses Ziel aber nicht zu erreichen, zumal interdisziplinäre Arbeitsweisen mehr die Regel als die Ausnahme sein werden (in zahlreichen Bereichen sind sie es jetzt schon). Hier sind E-Learning Lösungen gefragt, die das Internet geschickt nutzen.
Und mit Spaß
Erwachsene sehen das Spielen als seichte Freizeitbeschäftigung an, als Zeitvertreib. Kinder hingegen spielen mit Ernst – und das obwohl sie Spaß daran haben. Das Spielen hilft ihnen dabei, sich mit Neuem vertraut zu machen und es zu perfektionieren. Und nicht nur ihnen! Die Erfolge des Gamification, eine der unterschätztesten E-Learning Lösungen, lassen keinen Unterschied zwischen Alt und Jung deutlich werden. Nicht zuletzt kann Spaß am Lernen dazu führen, dass wir es gerne tun und damit motiviert bleiben. Hinsichtlich Punkt 1 und Punkt 2 enorm wichtig.
Michael Pauen von der Humbolt-Univesität Berlin, hält demzufolge nicht viel von einer pauschalen Kritik am Lernen im Internet. Er meint, dass wir uns lediglich für eine andere Form von Wissen entscheiden. Und diesem Prinzip wären wir schon immer gefolgt: „Verwenden oder vergessen.“
Eine Frage zum Schluss
„Wir leben in einem Zeitalter der Reproduktion. Das allermeiste in unserem persönlichen Weltbild haben wir nie mit eigenen Augen erfahren, genauer: wohl mit eigenen Augen, doch nicht an Ort und Stelle; wir sind Fernseher, Fernhörer, Fernwisser.“
Max Frisch
Dieses Zitat könnte von heute sein. Tatsächlich stammt es aus dem Jahre 1954, aus dem Roman „Stiller“ von Max Frisch. Das, was der „neuen“ Informationskultur vorgeworfen wird, ist somit nichts Neues.
Wie man sieht, kann man die nicht aufhalten, aber in die richtige Richtung lenken. Anstelle eines Fazits bietet sich diesmal eher eine Frage an:
Wie kann man vom unerschöpflichen Informationspool des World Wide Web profitieren, ohne dabei eine tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Gelernten zu vernachlässigen?
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